Forschungsreaktor FRM-II wird 10 Jahre

Der „Forschungsreaktor München II“, klobiger Nachfolger des in die Jahre gekommenen Garchinger „Atom-Eies“, ist nicht nur der einzige Neubau eines Atomreaktors in Deutschland seit Tschernobyl. Er ist auch der einzige Reaktor weltweit, dessen Entwickler ein Abrüstungsprogramm nutzten, um Abrüstungsziele zu unterlaufen. Gestern wurde er 10 Jahre alt.

Forschungsreaktor München (rechts FRM-II, links FRM-I); Bild: google

Forschungsreaktor München (rechts FRM-II, links FRM-I); Bild: google

„Immer wenn es um Radioaktivität und Atomreaktoren geht, werden nicht nur Atome gespalten, sondern auch die Gesellschaft“, umschreibt der Bayrische Rundfunk die Umstände um den FRM-II. Zum Festakt sprachen unter anderem Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle und der frühere bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber, der Betreiber lobte die Anlage als „die neueste und modernste Reaktoranlage in Deutschland“.

Die „Bürger gegen Atomreaktor“ sehen das anders. Immer wieder kommt es zu meldepflichtigen Vorfällen. Der Reaktor gibt im Normalbetrieb radioaktives Tritium ab, und zwar so viel wie ein mittleres Atomkraftwerk. Gerade über die Wirkung von Niedrigstrahlung wird unter Medizinern gestritten: Grenzwerte suggerieren Sicherheit, doch keine Strahlung ist ungefährlich. Als Spaltstoff wird hochangereichertes Uran verwendet, was atomwaffentauglich ist. Zur Entwicklung der FRM-II wurde allein aus Kostengründen ein Abrüstungsprogramm unterlaufen, so dass nach Meinung von Atomkraftgegnern dieser Meiler gegen das Völkerrecht verstösst. Von den 40 Kilogramm Uran, die jährlich in Garching verwendet werden, ist nur die Hälfte notwendig, um eine Atombombe des Typs Hiroshima zu bauen. Daher ist dieser radioaktive Stoff seit den 1980ern weltweit geächtet.

„Hier wurde das völkerrechtlich wesentlich hochwertigere Gut, die Verbreitung von atomwaffenfähigem Uran zu reduzieren, dem viel geringwertigerem Gut geopfert, billiger mit dem Kopf durch die Wand einen Forschungsreaktor zu bauen“, bilanzieren Kritiker.

Die Technische Universität München (TUM) sollte eigentlich bis 2010 auf nicht-atomwaffentaugliches Uran umstellen, weigert sich aber mit Verweis auf den Betrieb. Dieser sei mit leicht-angereicherter nicht möglich. Bis 2016 soll der Reaktor weiter mit dem Bombenstoff betrieben werden.

Weitere Sicherheitsbedenken sind neben dem Austritt von Strahlung oder einer Kernschmelze wurde auch die Nähe zum Münchner Flughafen, der nur 10km entfernt ist. Der Betreiber wirbt mit “inhärenter Sicherheit”, der FRM II würde über die umfassendsten Sicherheitseinrichtungen für Forschungsreaktoren weltweit verfügen. Die verbrauchten Brennelemente, derzeit etwa 1.400kg, enthalten noch zu 80 Prozent angereichertes Uran. Sie müssen also ewig gegen unbefugte Zugriffe gesichert werden, an einem Ort, der erst noch gefunden werden muss.

Im Frühjahr 2011 hatte es Debatten um mögliche Rostablagerungen an dem Forschungsreaktor gegeben. Umweltschützer und Landtags-Grüne warfen der TUM damals eine Vertuschung von Rostschäden vor.

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Quellen (Auszug): br.de, 12.03.2014