Steigendes Alter erhöht die Gefahr eines schweren Unfalls!

Heute haben europaweit Aktivisten von Greenpeace gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke protestiert. Ein parallel veröffentlichter Report beweist: Steigendes Alter erhöht die Gefahr eines schweren Unfalls.

Greenpeace-Aktivisten auf dem AKW Beznau, Schweiz; Bild: Greenpeace / Christian Schmutz

Greenpeace-Aktivisten auf dem AKW Beznau, Schweiz; Bild: Greenpeace / Christian Schmutz

Seit sieben Uhr morgens protestierten europaweit mehr als 240 Greenpeace-Aktivisten gegen das wachsende Risiko, das von alternden Atomreaktoren in der EU ausgeht. In der Schweiz, Belgien, Frankreich, Schweden, Spanien und Holland forderten die Umweltschützer mit verschiedenen Aktivitäten an überalterten Atomanlagen ein Ende der gefährlichen Atomkraft in Europa.

In der Schweiz wurde u.a. das weltweit älteste AKW, das sich in Beznau befindet, besetzt. Aktivisten entrollten Banner mit dem Slogan „The End“. An anderen Standorten wurden Einfahrten blockiert, so zum Beispiel im spanischen Garona. An den Kühlturm des belgische AKW Tihange wurde die Botschaft projeziert. Die friedliche Protestaktion beim ältesten Reaktor der Welt in Beznau dauerte den ganzen Tag, am Abend verliessen auch die letzten Kletterer das Gelände des Atomkraftwerkes: zum Teil freiwillig, zum Teil wurden sie geräumt.

In Europa bemühen sich Energieunternehmen derzeit um Laufzeitverlängerungen für nicht weniger als 46 alte Atomreaktoren. Die Alterung von Reaktoren ist laut Greenpeace in fast allen europäischen Ländern mit Atomenergie ein drängendes Problem: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Ungarn, Großbritannien, Niederlande, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien und Ukraine. Von 151 Atomreaktoren, die sich in Europa (ohne Russland) in Betrieb befinden, sind 66 älter als 30 Jahre und 25 älter als 35 Jahre – davon sieben sogar älter als 40 Jahre.

Trotz Nachrüstungen und Reparaturen verschlechtert sich der Gesamtzustand von Atomreaktoren langfristig. Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls sowie die Anzahl potenzieller Komplikationen nehmen zu. Atomreaktoren enthalten nicht ersetzbare Komponenten wie Reaktordruckbehälter und Containment (Sicherheitsbehälter) – deren Zustand verschlechtert sich im Lauf der Zeit. Der Ersatz alter Komponenten mag zwar einige Risiken verringern können, zieht aber auch neue nach sich: So wird in manchen Fällen für den Ersatz großer Komponenten der Sicherheitsbehälter des Reaktors durchbrochen – mit dem Resultat, dass die Stärke dieser entscheidenden Schutzstruktur zwangsläufig gemindert wird.

Bei den meisten Reaktoren, für die eine Verlängerung der Laufzeit beantragt wird, soll auch die Leistungskapazität erhöht werden – damit werden die bereits abgenutzten Systeme und Komponenten stärker belastet. Die wachsenden Mengen abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver Abfälle, die unter veralteten Sicherheitssystemen an vielen AKW-Standorten gelagert werden, stellen ein zusätzliches Risiko dar. Auch „weiche“ Faktoren untergraben das allgemeine Sicherheitsniveau in alternden Reaktoren, zum Beispiel überholte Organisationsstrukturen, der Verlust von Motivation und Fachwissen, wenn Routine einsetzt, die Pensionierung erfahrenen Personals.

  • Alternde Atomreaktoren sind weit vom neusten Stand der Technik entfernt, der für neue Reaktoren vorgeschrieben ist. Wird ihre Laufzeit verlängert ist es unmöglich, sie auf diese Standards nachzurüsten.
  • Im Fall eines ernsthaften Unfalls in einem oder mehreren Atomreaktoren sind die aktuellen Summen der Atomhaftpflicht in Europa – je nach Land – zur Deckung der wahrscheinlichen Kosten um einen Faktor zwischen 100 und 1000 zu niedrig.
  • Gleichzeitig steigt mit der alternden Reaktorflotte die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein schwerer Unfall in Europa ereignet.

Greenpeace fordert den Ausstieg aus der Atomenergie sowie verstärkte Entwicklung Erneuerbarer Energien und Energieeffizienz. Atomreaktoren, die älter als deren ursprüngliche Auslegungslebensdauer sind, sollen sofort abgeschaltet werden. Greenpeace fordert die Atomaufsichtsbehörden auf, keine Laufzeitverlängerungen zu genehmigen, die über diesen Punkt hinausgehen. Mit voller Transparenz und grenzüberschreitend soll die Öffentlichkeit an Entscheidungsprozessen wie Laufzeitverlängerungen beteiligt werden. Die Haftungsregelungen für Atomkraftwerke müssen grundlegend überarbeitet werden.

httpv://www.youtube.com/watch?v=qKbw-0FEv-0

Quelle (Auszug): greenpeace.ch, 05.03.2014