Gorleben: Laut Betreiber sind künftige Castortransporte „gesetzlich ausgeschlossen“

Kein Castor soll mehr nach Gorleben rollen, so haben es die Peter Altmaier (CDU), Stephan Weil (SPD) und Stefan Wenzel (Grüne) im Rahmen des “Neustarts der Endlagersuche” versprochen. Das Atomgesetz wurde entsprechend novelliert. Doch Atomkraftgegner haben Zweifel. Die will der Betreiber des Zwischenlagers nun offenbar ausräumen.

Castortransporte künftig nicht mehr nach Gorleben? Karte: googleearth

Castortransporte künftig nicht mehr nach Gorleben? Karte: googleearth

Die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) schreibt auf ihrer Webseite: „Weitere CASTOR®-Einlagerungen in Gorleben gesetzlich ausgeschlossen“. Mit dem Inkrafttreten von Artikel 2 Nr. 3 des Standortauswahlgesetzes (§9a Absatz 2a AtG) am 1. Januar 2014 hätten die Energieversorger „dafür zu sorgen, dass die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe im Ausland stammenden verfestigten Spaltproduktlösungen zurückgenommen und in standortnahen Zwischenlagern (…) bis zu deren Ablieferung an eine Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle aufbewahrt werden“, so die GNS. Da es sich beim Zwischenlager Gorleben im Sinne des Atomgesetztes um ein zentrales und kein standortnahes, also an einem Kernkraftwerksstandort gelegenes Zwischenlager handle, sei die ursprünglich für die kommenden Jahre vorgesehene Einlagerung der letzten CASTOR®-Behälter mit verglasten Wiederaufarbeitungsabfällen in das Zwischenlager Gorleben ausgeschlossen. Dies beträfe sowohl die 21 Behälter mit hochradioaktiven Abfällen aus England, als auch die fünf noch aus Frankreich zurückzunehmenden Behälter mit zwar nur mittelradioaktiven, aber ebenfalls spaltprodukthaltigen verglasten Abfällen.

Greenpeace hatte vergangene Woche eine Expertise veröffentlicht, nach der diese zuletzt genannten Abfälle sehr wohl nach Gorleben könnten, denn sie seien vom Atomgesetz eben nicht gedeckt – weil es sich „um eine andere Kategorie Atommüll“ handelt. In den fünf Castoren befinden sich „Prozess- und Spülwässer aus der Wiederaufarbeitung“, keine Spaltproduktlösungen, sondern Dekontaminations- und Spülwässer, die zwar auch Spaltprodukte enthalten können, aber laut des Experten und Gutachten-Verfassers Wolfgang Neumann nicht als Spaltproduktlösung bezeichnet werden können. Deshalb seien diese Abfälle durch den Gesetzestext nicht erfasst.

Auch aus der Begründung zur Änderung des § 9a im Atomgesetz sei nicht zu entnehmen, dass die MAW-Kokillen von der zukünftigen Zwischenlagerung in Standort-Zwischenlagern betroffen sein sollen. Selbst bei „extremer Interpretation“ der Begründung sei nicht auszuschließen, dass MAW-Kokillen in Gorleben zwischengelagert werden sollen. Im Gesetzestext würden Spaltproduktlösungen als verglaste mittelradioaktive Abfälle deklariert – und das sei „fachlich falsch“. Insofern sei infrage zu stellen, „dass diese Begründung rechtliche Relevanz besitzt“, so Neumann in seinem Gutachten.

Für die Einlagerung in Gorleben ist im Februar 2012 ein Genehmigungsantrag gestellt worden, allerdings wurde diese noch nicht erteilt. Laut Tobias Riedl, Atomexperte von Greenpeace, ist Gorleben zudem das einzige genehmigte Zwischenlager für die Castortransporte aus Frankreich.

Atomkraftgegner fordern nun von der Bundesregierung eine Klarstellung: Sollten ihre Gutachter auch zu dem Schluss kommen, dass die MAW-Castoren nicht vom Atomgesetz gedeckt sind und ein Transport nach Gorleben weiter möglich, muss das Gesetz umgehend geändert werden. Damit kein Castor mehr nach Gorleben rollen darf – und das letzte bisschen Glaubwürdigkeit in den Neustart der Endlagersuche erhalten bleiben kann.

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Quellen (Auszug): GNS.de, greenpeace.de; 27.01.2014