Experten warnen vor höherer Atomstromproduktion im AKW Gundremmingen

Die Leistungserhöhung beider Reaktoren im bayrischen Atomkraftwerk Gundremmingen ist „nicht genehmigungsfähig“, meinen zwei Wissenschaftler, die im Auftrag von Atomkraftgegnern eine Studie zu den Risiken erstellt haben.

AKW Gundremmingen vom Netz!

AKW Gundremmingen vom Netz!

Die zwei letzten Siedewasserreaktoren, die in Deutschland noch in Betrieb sind, seien „nicht geeignet, mehr Strom zu liefern“. Betreiber RWE hatte schon vor Jahren die Erhöhung beantragt: Die Blöcke B und C sollen geneinsam 4.000 statt bisher 3.860 Megawatt elektrische Leistung bringen. Damit würde nach Ansicht der Kritiker „die gesamte Anlage stärker belastet“.

Die Studie im Auftrag des „FORUM gegen das Zwischenlager“ wurde von Prof. Wolfgang Renneberg, früher Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium, und Kraftwerksingenieur Dieter Majer, früher ebenfalls im Ministerium tätig, erstellt. Laut der Experten gibt es „zahlreiche Gründe“ gegen die Genehmigung zur Leistungserhöhung. So setze eine Genehmigung voraus, dass die von der Leistungserhöhung betroffenen Anlagenteile dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen müssen. Dies sei in vielen Bereichen aber nicht der Fall:

  • Beispielsweise bei der Bodenschweißnaht des Reaktordruckbehälters. Diese Naht müsste erhöhten Spannungen standhalten und erforderliche Sicherheitsreserven bieten. Das habe der Betreiber RWE bislang nicht nachweisen können.
  • Auch das Not- und Nachkühlsystem entspricht nicht dem heutigen Stand der Wissenschaft und Technik und könnte höhere Wärmelasten nicht abführen.
  • Für die Anlage existieren nur mangelhafte Nachweise, dass sie ein 10 000-jährliches Hochwasser unbeschadet übersteht.
  • In den Brennelemente-Abklingbecken fehlen Gerätschaften, die das Entstehen von Wasserstoff verhindern und möglichen Explosionen vorbeugen.
  • Unzureichende Sicherheit gegen Erdbeben, die alle 100 000 Jahre auftreten können. Diese Vorgabe sei nach den neuen Regeln für das Betreiben von AKW erforderlich. Nach Ansicht der Experten übersteht keiner der Notkühlsysteme ein solches Erdbeben.
  • Es fehlen zwei unabhängig voneinander funktionierende Kühlsysteme. Die vorhandenen Systeme müssten nach einer Abschaltung die gleichen Leitungen nutzen. Würden diese durch Erschütterungen beeinträchtigt, sei die Kühlung nicht sichergestellt. Solche Erschütterungen könnten auch durch Absturz eines größeren Passagierflugzeugs auftreten. Ein solches Ereignis würden die Reaktordruckbehälter ohnehin nicht überstehen.

Morgen wird die Studie offiziell vorgestellt.

  • Defekte Brennelemente im AKW Gundremmingen-B
    18. September 2013 – Das Atomkraftwerk Gundremmingen-B muss wegen defekter Brennelemente vom Netz. Die Anlage sei “dafür ausgelegt”, meint Betreiber RWE. Atomkraftgegner fordern erneut die sofortige Stilllegung der letzten Siederwasserreaktoren in Deutschland.
  • Sicherheitsexperten: Das AKW Gundremmingen ist nicht sicher
    31. Juli 2013 – Die Bürgerinitiative FORUM hatte den Wiener Professor und ehemaligen Leiter der Atomaufsicht im deutschen Bundesumweltministerium eingeladen. Er referierte über die Gefahren der zwei alten Gundremminger Siedewasserreaktoren. Dabei äußerte er sich auch zur beantragten Ausweitung der Leistung dieser Atommeiler.
  • Greenpeace: Betreiber des AKW Gundremmingen ignoriert Ergebnisse des “Stresstest”
    21. April 2013 – Die Betreiber des AKW Gundremmingen ignorieren die Empfehlungen des EU-Stresstests, befindet Greenpeace. Beide Reaktoren Gundremmingen B und C seien weiterhin extrem anfällig für Erdbeben und Überflutungen und die Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente liegen außerhalb des Reaktorsicherheitsbehälters, genau wie bei den Unglücksreaktoren von Fukushima. Die letzten beiden Siederwasserreaktoren Deutschlands sind zu wenig gegen Außeneinflüsse geschützt und es gibt keine Pläne, wie mit auftretenden Problemen umgegangen wird. Stattdessen planen die Betreiber, die Stromproduktion zu erhöhen, was den Sicherheitsspielraum noch weiter verkleinern könnte.

Quelle (Auszug): swp.de, 11.11.2013