Genehmigung der Gundremminger Atomausweitung: Zwei Minister leugnen Verantwortung

Zwei Mal haben Umweltschützer jetzt die verantwortlichen Minister aufgefordert: Lehnen Sie den Antrag von RWE ab, im AKW Gundremmingen die Leistung auszuweiten. Und zwei Mal erlebten sie verantwortungsscheue Minister.

Günzburg, 5.9.13 - Demo gegen AKW Gundremmingen

Günzburg, 5.9.13 - Demo gegen AKW Gundremmingen

Ministerpräsident Seehofer kam zum Wahlkampf in die Kreisstadt bei Deutschlands riskantestem AKW. Umweltschützer demonstrierten und riefen: Abschalten! Herr Seehofer stellte sich. „Herr Ministerpräsident, lehnen Sie endlich die gefährliche Atomausweitung in Gundremmingen ab!“ forderten Umweltschützer. Seehofer antwortete: Wir sind doch gar nicht zuständig. Das liegt jetzt in Berlin beim Bundesumweltminister.

Wildpoldsried, 21. August 13. Bundesumweltminister Altmaier kam zum Wahlkampf ins Allgäu. Nach seiner blendenden Rede richtete in der Aussprache ein Umweltschützer eine Bitte an ihn: „Herr Minister, sprechen Sie sich gegen die gefährliche Gundremminger Atomausweitung aus!“ Er antwortete: Dafür bin ich doch gar nicht zuständig. Das fällt doch in das Ressort meines Kollegen Rösler.

Klare Gesetze. Und so täuschen die Minister sich oder die Bürger. Alles ist aber klar im Atomgesetz geregelt: Atomrecht ist Bundesrecht. Der Bund hat jedoch nach Artikel 83 ff Grundgesetz die Länder mit der Atomaufsicht und den atomrechtlichen Genehmigungen beauftragt. Der Bund kann allerdings alle Entscheidungen wieder an sich ziehen, wie im Jahr 2000 beim Bau der neuen Zwischenlager geschehen, und kann auch Weisungen an die Länder erteilen. In der Bundesregierung ist eindeutig das Bundesumweltministerium zuständig.

AKW Gundremmingen konkret

Verfahren läuft seit 14 Jahren. Am 14.9.1999 beantragten die AKW-Be treiber EON und RWE die thermische Leistung – also die Dampfproduktion – jedes Reaktors von 3.840 Megawatt (3.840.000 Kilowatt) auf 4.100 Megawatt auszuweiten. Damit sollte nach Betreiberangaben die elektrische Kapazität jedes Blocks um 106 Megawatt erhöht werden. Die Öffentlichkeit wurde hierüber weder von RWE noch vom Bayerischen Umweltministerium informiert. Als schwäbische Umweltschützer durch Hinweise von Grünen in Berlin hiervon erfuhren, und mittels Petition an den Landtag eine Öffentlichkeitsbeteiligung forderten, lehnten dies die Bayerische Regierung wie die CSU-Mehrheit im Landtag ab. Es hieß, diese Leistungsausweitung im Nuklearbereich sei unproblematisch und voraussichtlich in eineinhalb bis zwei Jahren erledigt.

Da aber RWE nicht die erforderlichen Nachweise erbringen konnte, dass nach der Leistungsausweitung der Betrieb der Reaktoren nicht gefährlicher sei, wurde der ursprüngliche Genehmigungsantrag im Dezember 2001 durch einen Antrag ersetzt, die thermische Leistung jedes Blocks nicht um 260 sondern um 160 MW auszuweiten. Das AKW verkündete dazu, man strebe jetzt das ursprüngliche Ziel in zwei Schritten an. Nach der Genehmigung dieses ersten Antrags werde man einen zweiten schon in Arbeit befindlichen Antrag für eine Vergrößerung der thermischen Leistung um weitere 100 MW stellen, um das ursprüngliche Ausbauziel zu erreichen.

Bundesumweltministerium schaltete sich ein. Der Bundesumweltminister bat die Bayerische Genehmigungsbehörde, „den Bescheid zur bundesaufsichtlichen Prüfung vorzulegen und diesen erst nach seiner Zustimmung zu erteilen.“ (StMLU 6.2.02).
Im Frühjahr 2004 wies das Bundesumweltministerium einen Genehmigungsbescheid für eine parallel zu Gundremmingen im AKW Grafenrheinfeld beantragte Leistungserhöhung zurück.

Im Dezember 2007 sandte Bayerns Umweltministerium den Genehmigungsbescheid für die Atomausweitung im AKW Gundremmingen an das Bundesumweltministerium. Stolz verkündete das AKW am 20.12.07: „Nach umfassender Prüfung und Begutachtung kommt die Genehmigungsbehörde zu dem Ergebnis, dass die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen für eine thermische Reaktorleistungserhöhung in den Blöcken B und C um 4,2 Prozent vorliegen.“

Aber das Bundesumweltministerium hielt die beizubringenden Sicherheitsnachweise für unzulänglich. Bayern durfte nicht genehmigen.

Anfang 2013 sickerte dann jedoch durch, dass nach den Wahlen im Herbst 13 von Berlin grünes Licht für die Genehmigung der Atomausweitung in Gundremmingen gegeben werde.

Gesundheits- und Umweltschützer warnen

Die vor über 30 Jahren genehmigten Gundremminger Reaktoren würden auch aus Sicherheitsgründen heute keine neue Genehmigung mehr erhalten. Sie sind nicht gegen den Absturz eines mittelgroßen Flugzeugs ausgelegt. Auch nicht gegen heute von Terroristen eingesetzte Raketen und Sprengstoffe. Jüngst hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig mit einem sensationellen Urteil die Betriebsgenehmigung für das Zwischenlager Brunsbüttel aufgehoben, da die erforderlichen Sicherungen gegen heute einzukalkulierende Bedrohungen nicht nachgewiesen sind. Mittlerweile bestehen sogar Zweifel, dass im AKW Gundremmingen die Notkühlsysteme den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

  • Wir fordern Bayerns Staatsregierung auf, wegen der zusätzlichen Risiken die beantragte Gundremminger Atomausweitung endlich abzulehnen!

weitere Informationen: www.atommuell-lager.de

  • Weiter Probleme im AKW Gundremmingen
    23. August 2013 – Der Block B im bayrischen Atomkraftwerk Gundremmingen bleibt weiter vom Netz. Nun meldet Betreiber RWE auch im benachbarten Block C Anomalitäten.
  • Neue Probleme im alten AKW Gundremmingen
    7. August 2013 – Der fast 30 Jahre alte Block C des AKW Gundremmingen musste außerplanmäßig abgeschaltet werden. Neue Probleme im alten AKW Gundremmingen, diagnostiziert Raimund Kamm.
  • Sicherheitsexperten: Das AKW Gundremmingen ist nicht sicher
    31. Juli 2013 – Die Bürgerinitiative FORUM hatte den Wiener Professor und ehemaligen Leiter der Atomaufsicht im deutschen Bundesumweltministerium eingeladen. Er referierte über die Gefahren der zwei alten Gundremminger Siedewasserreaktoren. Dabei äußerte er sich auch zur beantragten Ausweitung der Leistung dieser Atommeiler.

Quelle: www.atommuell-lager.de, 09.09.2013