Abhängigkeit von Atomkraft verringern: Frankreich steuert um

Das Land mit der größten Abhängigkeit von Atomkraftwerken will umsteuern. In Frankreich hat Atomkraft einen Anteil von fast 80 Prozent an der Gesamtstromerzeugung – mit dem Abschalten der ältesten Anlagen in Fessenheim will Präsident Hollande offenbar ein Ende der atomaren Ära einläuten. Atomkraftgegner bleiben skeptisch.

Zwei-Liter-Autos und besserer Gebäudedämmung, damit will Frankreich nach den Worten von Premier Jean-Marc Ayrault von der bisherigen völligen Abhängigkeit von Atomkraft und Erdöl weg. Zudem soll eine Steuer auf „umweltschädliche Aktivitäten“ eingeführt werden. Das sind die Ziele eines „Umweltfahrplans“, die am Samstag zum Abschluss einer Umweltkonferenz in Paris veröffentlicht wurden. Schon in der kommenden Woche sollen konkrete Pläne vorgelegt werden. In Bezug auf die Autos nannte er ein Zeitfenster von „zehn Jahren“. Bis Ende des Jahres sollen zwei große Windparkanlagen im Meer ausgeschrieben werden.

Ende 2016 sollen die zwei ältesten Reaktoren – Fessenheim-1 und -2 – stillgelegt werden. Präsident Hollande setzt damit ein Wahlversprechen um, nachdem Atomkraftgegner Jahrzehntelang die mangelhafte Sicherheit des Meiler kritisiert hatten. Auch gegen das AKW Cattenom regen sich immer mehr Proteste.

Frankreich betreibt laut IAEA derzeit an 20 Standorten insgesamt 58 Reaktorblöcken. Zwölf Reaktorblöcke wurden bereits stillgelegt. Am Standort Flamanville befindet sich der einzige Reaktor vom Typ „Europäischer Druckwasserreaktor (EPR)“ in Bau. Die französischen AKW haben ein Durchschnittsalter von 27,5 Jahren, 21 Anlagen sind schon älter als 30 Jahre.

Atomkraftgegner fordern schnelle und konkrete Zielsetzungen: Frankreich muss einen Fahrplan vorlegen, aus dem ein zügiges Abschalten aller Atomkraftwerke innerhalb eines glaubwürdigen Zeitfensters hervorgeht. Zudem muss ein Umdenken stattfinden, und die Atomkraft als „umweltschädliche“ anerkannt werden. Die französische Firma AREVA zerstört in den Uranabbaugebieten die Lebensgrundlagen der Menschen und vergiftet sie, für den Atommüll gibt es keine Lösung. Atomkraftwerke müssen als „umweltschädliche Aktivität“ kräftig besteuert werden, damit würde sich die Wirtschaftlichkeit zugunsten Erneuerbarer Energien entwickeln. Nur so ist ein „Umweltfahrplan“ glaubwürdig.

Eine nächste Demonstration gegen das französische Atomprogramm findet unter dem Motto „STOP CATTENOM – STOP BURE !!! – Alle Atomanlagen sofort abschalten! Hier in unserer Großregion, Europa – sowie weltweit!“ am 13.10. in Metz statt. Am 11. März 2012 – dem Fukushima-Jahrestag – hatten 60.000 Menschen mit einer Menschenkette durch das Rhone-Tal bewiesen, dass die Anti-Atombewegung in Frankreich erstarkt.

  • AKW Fessenheim wird Ende 2016 stillgelegt!
    14. September 2012 – Das hochumstrittene Atomkraftwerk Fessenheim wird Ende 2016 endgültig abgeschaltet. Dieses Versprechen äußerte der französische Präsident Hollande am Freitag in Paris. Die zwei ältesten Meiler des Landes liegen direkt an der deutschen Grenze am Rhein, in erdbebengefährdeter Region. Zahlreiche Pannen und Zwischenfälle haben sich ereignet, zuletzt vergangene Woche.
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    12. Juli 2012 – Frankreich betreibt an 20 Standorten 59 Atomreaktoren. Jeder produziert Tag für Tag radioaktiven Müll, für den das Land keine Lösung hat. Frankreich ist damit der größte Atommüllproduzent Europas und hält unbeirrt daran fest. Ein mögliches Endlager an der deutschen Grenze ist in Vorbereitung – und höchst umstritten.
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    15. März 2012 – Ein Jahr nach dem Anfang der Fukushima-Katastrophe, leiden die Japaner immer weiter unter der radioaktiven Kontamination. Überall in der Welt wirkte dieser Unfall als Notsignal für eine nötige Energiewende, aber die französischen Politiker haben es bisher ignoriert und wollen nicht von Atomausstieg hören. Einige Wochen vor der Präsidentschaftswahl, wurde am 11.März 2012 ein außerordentlich großes Zeichen gesetzt, um sie zu erwecken.
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Quellen (Auszug): dpa, wikipedia.org; 16.09.2012