Atomare Pläne in Afrika

Nach Angaben der Weltbank sind 30 Länder des Kontinents „von einer akuten Energiekrise“ betroffen, nur einer von vier Afrikanern hat Zugang zu Strom. Die Kausalkette ist lang: Kein Strom bedeutet keine Investitionen, keine neuen Jobs, weniger Steuereinnahmen für den Staat, kaum technische Entwicklung und zu wenig Geld für Bildung.

Zwei Drittel der Bevölkerung südlich der Sahara müssen noch immer ohne Strom leben. Atomenergie soll das ändern. Vom Norden bis zur Südspitze des Kontinents signalisieren immer mehr Regierungen Interesse an AKW, trotz Fukushima. Denn Afrika hat seine eigenen Sorgen: Die Entwicklung des Kontinents. Und dafür wird viel Strom benötigt.

Derzeit wird weniger als drei Prozent von Afrikas Elektrizität mit Hilfe von Atomenergie hergestellt. Doch seitdem die Rohölpreise 2003/2004 drastisch anstiegen, ist auch in afrikanischen Ländern das Interesse am Atomstrom gewachsen. Viele Staaten haben bereits begonnen, gesetzliche Rahmenbedingungen für den Einstieg zu schaffen.

Namibia will ab 2018 AKW bauen. Nigerias und Ägyptens erste Atomkraftwerke sollen bis 2020 gebaut werden. Kenia hat 1,5 Millionen Euro als Startfinanzierung für den Bau eines Reaktors zur Seite gelegt.
Ghana gründete vor kurzem eine nationale Atomaufsichtsbehörde. Auch Angola, Algerien, Nigeria, Marokko, Tunesien, Uganda und Kenia erwägen Atomenergie. Selbst Afrikas ärmste Nationen Burundi, Kongo und Kap Verde sind der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) beigetreten.

Die Produktion von Kernbrennstoff ist für viele Länder des bodenschatzreichen Kontinents das kleinste Problem. Namibia, Niger und Südafrika haben riesige Uranvorkommen und produzieren zusammen rund 15 Prozent des weltweiten Bedarfs. Doch auch viele ihrer Nachbarn bauen das radioaktive Metall ab. Anlagen zur Urananreicherung gibt es auf dem Kontinent allerdings noch nicht.

Nur Senegal hat erklärt nach Fukushima keine AKW bauen zu wollen.

Südafrika ist der klare Vorreiter in Sachen Atomenergie: das Land will bis 2023 sechs neue Kernkraftwerke bauen und auf diese Weise fast ein Viertel seines Energiebedarfs decken. Der Rest des Kontinents soll mitziehen. „Südafrika würde seine neu gewonnene Expertise gern an andere Länder verkaufen und versucht diese anzuwerben“, sagt der südafrikanische Energieexperte David Fig.

Die Risiken, die Atomenergie mit sich bringt, werden dagegen kaum debattiert. Der Kontinent ist von anderen Sorgen geplagt. So klammert man sich an Versprechen der Atomlobby von wirtschaftlichem Aufschwung, Arbeitsplätzen und Energiesicherheit. Bedenken über Sicherheit, Abbau von Uran und Lagerung des Atommülls finden kaum Gehör. Die Pro-Atom-Propaganda läuft in Afrika besonders heiß, seitdem es für Nuklearunternehmen immer schwieriger wird, ihre Technologie in Industrieländern an den Staat zu bringen. Französische, russische und chinesische Atomenergiekonzerne rangeln deshalb um Geschäftsmöglichkeiten in Afrika. „Atomenergiekonzerne versuchen krampfhaft neue Kunden zu finden und locken afrikanische Regierungen mit schmackhaften Angeboten“, erklärte Fig.

Am 17. August 2012 trat die African Commission on Nuclear Energy (Afcone) zu ihrer zweiten Konferenz zusammen. 36 afrikanische Staaten sind dem Abkommen seit 2009 beigetreten. Die Afcone soll „die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung von Nukleartechnologien in verschiedenen Bereichen wie Gesundheit, Landwirtschaft, Industrie und Energie zu fördern.“

Südafrika zwei in Betrieb befindliche Atomkraftwerke, sechs neu geplante AKW angekündigt. Das Generalsekretariat der Afcone wurde im südafrikanischen Pretoria eingerichtet. Immer wieder bricht das Stromnetz in Südafrika zusammen, weil der Wachstum mit der Stromproduktion nicht schritt hält und nach der Apartheid nicht genügend in die Infrastruktur investiert wurde. Erneuerbaren Energien hat keine Chance, auch wenn darüber heftig diskutiert wird. Deshalb setzt Südafrika voll auf die Atomenergie.

Ghana: Das Land gehört zu den wirtschaftlichen Aufsteiger in Afrika. Ghana will sein erstes AKW im Jahr 2018 in Betrieb nehmen.

Author: Dieter Kaufmann, Sept. 2012