Bulgaren müssen über AKW Belene abstimmen

Die bulgarische Regierung muss ihren Beschluss, das umstrittene Atomkraftwerk Belene nicht zu bauen, durch eine Volksabstimmung bestätigen lassen. Die Sozialdemokraten haben rund 770.000 Unterschriften für ein Referendum zum Fertigbau des Reaktors gesammelt. Atomkraftgegner warnen seit Jahren vor dem Projekt in erdbebengefährdeter Region. Zuletzt waren Investoren abgesprungen und hatten damit den Bau unmöglich gemacht.

Im März 2012 hatte das bulgarische Kabinett nach jahrelangem Tauziehen einen vermeintlichen Schlussstrich unter das Belene-Projekt gezogen. Es sei zu teuer, westliche Investoren – u.a. auch der deutsche Energiekonzern RWE – zogen ihre Beteiligung im Rahmen der Finanzkrise zurück, wegen des gefährlichen Standorts gab es internationale Kritik – besonders nach Fukushima. Auch in Deutschland mobilisierten Atomkraftgegner über Jahre zu Unterschriftensammlungen und Aktionen.

Der Bau der zwei Reaktoren wurde schon 1987 unter der Herrschaft der Sozialisten begonnen, nach dem Fall des Kommunismus aber eingestellt. Im Jahre 2006 entschied sich das damalige sozialdemokratische Kabinett für einen Fertigbau durch die Rosatom-Tochter Atomstroyexport. Damals war von Kosten in Höhe von rund 4 Milliarden Euro für zwei Blöcke von je 1.000 Megawatt Leistung die Rede gewesen, heute beziffert die Grossbank HSBC den Gesamtpreis auf mindestens 10,5 Milliarden Euro. Als Lösung sollte einer der zwei bereits in Russland bestellten Reaktoren in das bestehende Atomkraftwerk Kozloduj integriert werden.

Sollten die Bulgaren sich in der Volksbefragung für den Bau des AKW am Standort Belene entscheiden, müsste jeder Steuerzahler einen Betrag einschiessen, „mit dem er sich einen Mercedes kaufen könnte“, so Regierungschefs Borisow. Ausserdem sei mit einer Erhöhung des Strompreises zu rechnen, damit die teuren Kredite bedient werden könnten. Der sozialistische Parteichef und Ex-Premier Sergej Stanischew ist sich entgegen der Regierung sicher, dass die Finanzmittel – 6 Milliarden Euro – nicht vom Staatsbudget, sondern von private Investoren kommen werden. Die breite Unterstützung für das AKW war aus Angst vor steigenden Strompreisen erst ermöglicht worden.

Laut Gesetz muss das Parlament innerhalb von drei Monaten nachdem die Unterschriften mit dem Antrag eingereicht sind, einen Termin festlegen und insgesamt binnen sechs Monaten das Volksbegehren ausführen. Borisow kündigte aber an, dass er den Termin für die Volksabstimmung erst im Sommer 2013 festsetzen will. Das Tauziehen um das Wahnsinnsprojekt geht also weiter.

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Quelle (Auszug): nzz.ch, solidbau.at; 02.08.2012