Belgien / Spanien: Laufzeitverlängerung für alte AKW

Die Ergebnisse der europäischen „Stresstests“ sind wenige Wochen alt, belegen erhebliche Defizite – und die Betreiber schaffen Fakten: die Betriebszeiten der ältesten Atomkraftwerke in Belgien und Spanien sind verlängert worden. Atomkraftgegner warnen vor einem Spiel mit dem Feuer: Europa spekuliert auf ein eigenes Fukushima.

Das Atomkraftwerk im nordspanischen Garoña sollte planmäßig schon 2011 abgeschaltet werden. Stattdessen bleibt der altersschwache Meiler nun sogar bis 2019 in Betrieb. Mit der Veröffentlichung eines Gesetzesblattes nimmt die konservative spanische Regierung die Entscheidung der sozialistischen Vorgängerregierung zurück, die die definitive Abschaltung für 2013 verfügt hatte. Die nach Atomgesetz vorgeschriebenen 40 Jahre Laufzeit wären damit schon um zwei Jahre überschritten worden.

Die Betreiberfirmen müssen nun bis zum 6. September einen entsprechenden Antrag stellen und einige zusätzliche Sicherheitsauflagen erfüllen. Die Regierung beruft sich auf Aussagen des Kontrollrates für Nukleare Sicherheit (CSN), der bereits vor drei Jahren einer Laufzeitverlängerung bis 2019 nicht widersprochen – trotz der massiver Sicherheitsbedenken. Santa Maria de Garoña ist baugleich mit den Fukushima-Reaktoren, die konstruktionsbedingten Notkühlprobleme dieser von General Electric entwickelten Reaktoren, die in Japan mitverantwortlich für die Havarie waren, sind bekannt. Eine Greenpeace-Studie belegt, dass ein Stromausfall in Garona zur Kernschmelze führen kann. Anfang Juni hatte die Organisation mit einem Flug über den Reaktor für dessen Abschaltung protestiert.

Auch Belgien will seinen ältesten Atommeiler länger laufen lassen als geplant: Der Reaktor Tihange 1 rund 70 Kilometer von Aachen entfernt soll statt 2015 nun erst 2025 vom Netz gehen. Die belgische Regierung argumentiert, dass die Laufzeitverlängerung des seit 1971 in Betrieb befindlichen Reaktors verhindern soll, „dass 500.000 bis eine Million Menschen während bestimmter Augenblicke im Winter plötzlich im Dunkeln sitzen“.

Die Sicherheit des alten Meilers ist umstritten: zwar ist bei den „Stresstests“ auch ein Flugzeugabsturz simuliert worden, aber nur von einer kleinen Maschine. Andere Terrorgefahren werden ignoriert. Im Februar hatte es zuletzt einen Störfall der Klasse INES 1 gegeben – in Deutschland sehr seltene Ereignisse.

Belgien hatte nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima den Atomausstieg beschlossen. Die sieben Atommeiler sollten nach und nach abgeschaltet werden. So sollen die ersten drei AKWs 2015 vom Netz gehen, allerdings nur, wenn die Energieversorgung gesichert ist.

Atomkraftgegner warnen:

„Der Weiterbetrieb solch alter und maroder Atomkraftwerke ist gefährlich und riskiert einen schweren Unfall wie in Fukushima mitten in Europa“, so Jan Becker von contrAtom. „Die Regierungen gehen der Atom-Propaganda auf den Leim, dass ohne AKWs das Licht ausgeht. Deutschland beweist zur Zeit das Gegenteil. Wir fordern einen europaweiten Atomausstieg – dafür müssen sich deutsche Europa-Politiker umgehend stark machen!“

  • Belgien steigt aus!
    31. Oktober 2011 – Unser Nachbarland Belgien will ab 2015 aus der Atomenergie aussteigen. Nach Deutschland und der Schweiz nun also ein drittes Land, dass die gefährlichen Reaktoren abschalten will. Dazu haben sich die Gesprächspartner bei Verhandlungen zur Regierungsbildung geeinigt. Die Regierung kommt damit einer Forderung von Atomkraftgegnern nach.
  • Gemeinsam für den europaweiten Atomausstieg
    10. Mai 2012 – Das Ziel: Die EU verbietet Atomkraftwerke in Europa. Mit einer europaweiten Unterschriftenaktion will Friends of the Earth direkten Einfluss auf die europäische Gesetzgebung nehmen.

Quellen (Auszug): www.wienerzeitung.at, welt.de; 05.07.2012