Gorleben: Neue Messungen zeigen keine erhöhte Strahlung – Castor kann kommen

Die Strahlenwerte am Atommüllzwischenlager in Gorleben liegen nach jüngsten Messungen nicht in einem kritischen Bereich. Das haben Messungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ergeben. Das Zwischenlager strahlt „nur“ mit einem Gesamtstrahlungswert von 0,212 Millisievert (mSv) pro Jahr – bei 0,3 mSv wäre der kommende Castortransport gestoppt worden. Atomkraftgegner bezeichnen die neuen Messungen als „abenteuerlich“ und fordern weiter, den Castor abzusagen.

Die PTB-Messungen haben jedoch nur eine Aussagekraft für das 2. Halbjahr – ohne die voraussichtlich für Ende November geplante weitere Einlagerung von elf Castoren. Addiert mit dem für das erste Halbjahr gemessenen Wert von 0,27 mSv werde eine Gesamt-Jahresdosis von 0,233 mSv prognostiziert.

Damit würde auch der sogenannte Eingreifwert von 0,27 mSv pro Jahr am Zaun des Zwischenlagers unterschritten, und damit seien weitere Massnahmen durch den Betreiber nicht nötig. Das Umweltministerium in Hannover hatte die PTB mit Messungen beauftragt, nachdem Ende August Berichte über erhöhte Strahlenwerte für Aufsehen gesorgt hatten. Hinter der Halle, in der die Castorbehälter mit Atommüll stehen, sei mehr Strahlung gemessen worden als im Vorjahr, hieß es einen internen Vermerk des des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Dem Bericht zufolge war nicht auszuschließen, dass die erlaubte Jahresdosis für 2011 überschritten werden könnte. Eine Einlagerung weiterer Castor-Behälter wäre dann nicht zulässig, heißt es weiter.

Nach den neuen Messungen müssten jetzt allerdings erst eine zusammenfassenden Bewertung aller Mess- und Prognosedaten für die Jahresdosis ausgewertet werden, nicht vor Ende Oktober würde dann entschieden, ob die Einlagerung weiterer Castor-Behälter in Gorleben genehmigt werden könne, oder nicht. Der TÜV soll im Auftrag des Umweltinisteriums diesen Berechnungen machen. Die schwarz-gelbe Koalition im niedersächsischen Landtag sieht sich aber schon jetzt in ihrer Meinung bestärkt, den Transport stattfinden zu lassen.

„Wir als Genehmigungsbehörde können zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund finden, die Einlagerung zu versagen“, stellte Sander klar.

Die neuen Messwerte hätten „keine grundsätzlich neue Situation geschaffen“, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Detlef Tanke. Es bleibe dabei, dass die vom Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) gemessene Strahlendosis zu hoch sei, um einen weiteren Transport genehmigen zu können.

Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen nennt die neuen Messungen durch das PTB „abenteuerlich“: „Es ist nicht nachvollziehbar, wie die PTB zu der Feststellung gelangt ist, dass der hochradioaktive Atommüll in den Castorbehältern keinerlei Gamma-Strahlung aussenden und der von der PTB gemessene Gamma-Wert bei Null liegt.“ Zudem sei das Ergebnis der PTB nicht vergleichbar mit den Messungen des NLWKN, weil plötzlich die Rahmenbedingungen für die Messungen verändert wurden. Der Neutronenwert sei nach unten korrigiert worden, obwohl die PTB-Messungen sich teilweise auf nur vier Stunden Messzeit beziehen. Zusätzlich wurden die Castorbehälter im Lager umgeräumt.

„Sander lässt die Radioaktivität am Zwischenlager Gorleben so lange messen, bis die gewünschten Ergebnisse herauskommen“, kritisierte Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl. Nach der Belegung von weniger als einem Viertel der 420 zur Verfügung stehenden Castor-Stellplätze bekommt das für 40 Jahre genehmigte Lager nach nur 16 Jahren schon Probleme mir Grenzwerten.

  • Es ist unverantwortlich, in dieser Lage elf weitere Castoren mit hochstrahlendem Atommüll in das Zwischenlager einzulagern!

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg weisst sogar darauf hin, dass mit zunehmender Zahl der eingelagerten Castoren die vom Zwischenlager abgegebene Strahlendosis am Zaun zunimmt und dass der zulässige Grenzwert von 0,3 mSv/Jahr schon seit dem Jahre 2003 überschritten wurde. Am kommenden Donnerstag (28.9.2011) ist um 11.30 Uhr im Leineschloß Hannover, Präsidentensuite, eine Pressekonferenz geplant.

Unterdessen schreiten die Planungen für die Proteste gegen den erwarteten Atommülltransport vorran. Seit kurzem steht mit dem letzten Noveberwochenende (25./26.11.) der Termin fest, an dem der Castor das Wendland erreichen soll. In Dannenberg ist eine gro0e Kundgebung geplant, an diversen Aktionen auf der Schiene und Straße wird derzeit gearbeitet.

  • Entscheidung über Castor-Transport nach Gorleben fällt Ende Oktober
    22. September 2011 – Das Umweltministerium in Hannover will bis Ende Oktober über die Einlagerung weiterer Castor-Behälter im Zwischenlager Gorleben entscheiden. Das geht aus einem Mittwoch vom Ministerium veröffentlichten Zeitplan hervor. Zur Zeit rollen aber bereits Container für die Polizei durch den Landkreis Lüchow-Dannenberg. Und am 12. Oktober stattet der Umweltminister einen nächsten “Dialog-Besuch” ab.
  • Gorleben: Weniger Mädchen und noch mehr Müll
    3. September 2011 – Im Umkreis von 35 Kilometern um Gorleben werden seit der Lagerung von Atommüll weniger Mädchen geboren. Die Ursache dafür ist noch nicht bekannt. Aber der Betreiber des Zwischenlagers plant, noch mehr hochaktiven Müll einzulagern als vertraglich nötig.
  • Grenzwerte für Radioaktivität sind “kalkulierter Strahlentod”
    20. September 2011 – Die Strahlen-Grenzwerte für Lebensmittel in der EU und in Japan sind viel zu hoch angesetzt, sie bieten keinen ausreichenden Gesundheitsschutz. foodwatch und die Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) fordern eine drastische Senkung der Grenzwerte. Mit einer Mailingaktion sollen zuständigen Politiker in Bundesregierung und EU-Kommission aufgefordert werden, die Grenzwerte drastisch zu senken!

Quelle (Auszug): taz.de, Greenpeace.de, dpa, spiegel.de; 26.09.2011