Die Liquidatoren von Fukushima

Sie sollen die Luftfilter reparieren und dann am Kühlsystem arbeiten: Erstmals nach der Havarie des japanischen Atomkraftwerks Fukushima haben Arbeiter ein Reaktorgebäude betreten. Die Radioaktivität in Block 1 sei zwar gesunken – doch jeder Einsatz darf nur zehn Minuten dauern. Sie werden wohl als Helden in die Geschichte eingehen: die Liquidatoren von Fukushima. In Tschernobyl sind über 100.000 Helfer gestorben.

Sie tragen Sauerstoffmasken und Schutzanzüge: Insgesamt zwölf Arbeiter sollen im Reaktor 1 des Atomkraftwerks Fukushima das Belüftungssystem instandsetzen, damit die Radioaktivität in der Luft reduziert werden kann. Seit der Havarie hatte niemand dieses und die anderen zerstörten Reaktorgebäude betreten – die bisherigen Arbeiten beschränkten sich auf Kontrollräume, Keller und das Freigelände.

Die ersten beiden Männer betraten den Reaktor 1 am Donnerstag um 11.30 Uhr Ortszeit (2.30 Uhr MESZ), wie die Betreibergesellschaft Tepco mitteilte. Aufgrund der hohen Radioaktivität sollen die Männer in kleinen Gruppen arbeiten. „Sie gehen in Vierer-Gruppen hinein, immer eine nach der anderen, und arbeiten in einem engen Bereich“, sagte Tepco-Sprecher Junichi Matsumoto. Die Männer betreten und verlassen das Gebäude durch ein spezielles Zelt, um sicherzustellen, dass keine Radioaktivität austritt. Jede Gruppe solle nur zehn Minuten in dem Reaktor bleiben.

Ziel sei es, das Kühlsystem im Reaktor 1 wieder zu installieren, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf den Kraftwerksbetreiber. Dazu müssen die Männer zunächst mehrere Kabelkanäle mit Ventilatoren verbinden, die die Radioaktivität aus der Luft filtern können.

Bisher hatte die hohe Radioaktivität in den Reaktorgebäuden Einsätze unmöglich gemacht. Die Entscheidung für den aktuellen Einsatz fiel, nachdem Roboter am vergangenen Freitag neue Daten gesammelt hatten. Diese zeigten, dass die Radioaktivität in einigen Bereichen des Reaktors deutlich gefallen sei, sagte Tepco-Sprecher Matsumoto. In den zehn Minuten, die die Männer in dem Gebäude sind, werden sie laut Reuters einer Radioaktivität von rund drei Millisievert ausgesetzt.

Tschernobyl: 800.000 Liquidatoren

Am meisten leiden unter dem Super-GAU von Tschernobyl die Aufräumarbeiter: Bis 2005 sind nach Information von IPPNW von 830.000 der sogenannten Liquidatoren zwischen 112.000 und 125.000 gestorben. Über 90 Prozent seien heute schwer krank. Sie würden nicht nur an Krebs leiden, sondern auch an hirnorganischen Schäden, Bluthochdruck und Magen-Darm-Erkrankungen. „Das sind Menschen, die multimorbide sind“, sagte IPPNW-Mitglied Angelika Claußen.

Quelle: dpa; IPPNW.de, 05.05.2011