Die Katastrophe von Tschernobyl

Tschernobyl – Es sollte ein wissenschaftliches Experiment sein – doch es wurde die wahrscheinlich größte atomare Katastrophe, die die Welt im Zusammenhang mit der zivilen Nutzung der Kernspaltung erlebt hatte. Bis 2011 Fukushima kam.

Am 25. April 1986 soll im ukrainischen „Lenin“-Kernkraftwerk Tschernobyl geprüft werden, wie lange die Turbine mit der Restwärme des abgeschalteten Reaktors weiterläuft. Der Reaktor wird zuerst zur Leistungsspitze gebracht und soll dann heruntergefahren werden.

Damit der Probelauf des Reaktors nicht unterbrochen wird, werden die Sicherheitssysteme mit Absicht außer Funktion gesetzt: Um 14 Uhr Ortszeit wir das Notkühlsystem, welches ein Atomkraftwerk vor dem Überhitzen des Reaktorskerns, dem sog. GAU, schützen soll, abgeschaltet.

26. April, 1 Uhr, 23 Minuten, 47 Sekunden

Aufgrund des Berstens von Druckröhren, eingeschränktem Kühlwasserzufluss und der manuellen Unterbrechung der automatische Abschaltung entwickelt sich im Reaktor ein Hitzestau, der innerhalb von Sekunden die Leistung des Meilers um ein Vielfaches ansteigen lässt. Die Folge ist die Zerstörung des oberen Teils des Reaktors und Teile des Reaktorgebäudes, dabei wird vor allem die 1000t schwere Deckplatte weggehoben, die weitere Druckröhren und Absorberstäbe aus dem Kern reisst, so dass Dampf, Strukturmaterialien und heisser Brennstoff in die Reaktorhalle und nach aussen ausgeworfen werden.

26. April, 1 Uhr, 23 Minuten, 48 Sekunden

Es setzt eine chemische Reaktion von Dampf und Wasser mit heissen Zirkaloy der Brennstabhüllen, der Druckröhren sowie mit heissen Graphit ein, wodurch Wasserstoff, Kohlenmonoxyd und weitere Wärme erzeugt werden. Durch Kontakt mit Luftsauerstoff kommt es zu den bekannten Gasexplosionen und einem anschliessendem Graphitbrand, durch den nach etwa 2 Wochen 10% des Graphits verbrannten. Die gebrochenen Kühlmittelleitungen sorgten dabei für die Luftzufuhr.

Sechs Sekunden nach der Notabschaltung ereignet sich der größte anzunehmende Unfall (GAU). Der Block 4 des Atomkraftwerkes Tschernobyl explodiert. Eine ganze Reihe von Fehleinschätzungen und -maßnahmen führen zu diesem Ereignis, das bis heute das Leben tausender Menschen kostete und veränderte.

 

Tschernobyl wird nie vorbei sein

„Über drei Jahre lang hielten die Verantwortlichen die Folgen des Tschernobyl-Unglücks geheim – mit der Konsequenz, dass bei der Bewältigung dieses verheerenden Reaktorunfalls teilweise nicht wiedergutzumachende Fehler begangen wurden.“ (DIE ZEIT, 13.04.1990).

Noch immer leben Menschen in den hoch verstrahlten Gebieten in Weißrussland, dem vom radioaktive Niederschlag am größten betroffenen Land, es gibt kaum Unterstützung von einer Regierung die Bankrott ist. 34.000 Sowjet-Bürger werden Tag für Tag einer Strahlenbelastung von über 1,5 Millionen Bequerel pro Quadratmeter (Der Grenzwert in Westeuropa lag in den 90er Jahren bei maximal 200.000 Bq/m²).

Die Menschen in diesen Gegenden dürfen kein Gemüse anbauen und weder selbst erzeugte Milch noch Eier und Fleisch verspeisen. Sie bekommen von der Regierung Geld um sich Nahrungsmittel zu kaufen – doch auch diese sind rar, somit bleibt ihnen nur das Verspeisen von selbst angebauten Nahrungsmittel auf versuchtem Boden.

Bereits seit 1987, vor allem aber seit 1988 registrierten Forscher in den verseuchten Gebieten nicht nur einen dramatischen Anstieg der Säuglingssterblichkeit, sondern auch eine Zunahme von grauenhaften körperlichen Missbildungen bei neugeborenen Tieren: riesenhaft vergrößerte „Zygotenaugen“, verdoppelte Gliedmaßen bei gleichzeitiger schwerer Verkrüppelung, offene Rückenmarkschäden, Fohlen mit acht Beinen oder Ferkeln ohne Augen. Über ähnliche Abnormalitäten bei neugebornen Kindern wurde geschwiegen.

Höhepunkt der Verstrahlung erst 2015

Die Kinder im Südosten Weißrusslands – im Raum Gomel – sind die am stärksten betroffenen Opfer der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl. Mehr als 20 Jahre ist das her, – und kein Ende abzusehen. Sie fühlen sich nicht wohl und spüren, dass sie Ungutes in sich tragen. Häufig haben sie Nasenbluten und eine allgemeine Immunschwäche. Der Schilddrüsenkrebs hat unter ihnen sehr zugenommen, die Zahl der Leukämie-Erkrankungen haben sich verdoppelt. Experten hingegen erwarten den Höhepunkt der radioaktiven Verstrahlung erst etwa 2015! Besonders die Kinder haben also kaum Hoffnung auf Verbesserung ihrer Situation. Sie erleben, dass ihre Eltern ohne Arbeit sind, oder dass der Vater, der Arbeit hat, ein halbes Jahr lang kein Geld ausbezahlt bekommt und dass die Eltern sich vor Kummer dem Wodka ausliefern.

In den Krankenhäusern bemerken die Kinder die Hilflosigkeit der Ärzte und Schwestern, die sie behandeln sollen. Es fehlt an Medikamenten, medizinischen Geräten und Spritzen, an Gummihandschuhen und Bettwäsche für die kleinen Patienten. Ihr Land befindet sich in einer wirtschaftlichen und sozialen Talfahrt.

  • Tschernobyl mahnt: Atomkraft ist nicht beherrschbar!
  • Atomanlagen abschalten – sofort und weltweit!

Blogbeiträge:

  • Tschernobyl als Touristenattraktion?!
    10. Dezember 2010 – Der Mensch steht auf Gefahren und Risiko. Aber aus dem havarierten ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl eine Touristenattraktion zu machen, auf die Idee kann nur kommen, wem die Gesundheit seiner Mitmenschen egal ist. Die Sperrzone um den explodierten Reaktor soll nun verringert und zur Europameisterschaft 2012 Busse mit Fussballfans durch das verstrahlte Gebiet gelotst werden.
  • In Tschernobyl tickt noch immer eine atomare Zeitbombe
    27. Februar 2011 – Auch ein Vierteljahrhundert nach dem Super-GAU vom 26. April 1986 steht der Tschernobyl-Reaktor als bedrohliche Atomruine wie ein Mahnmal für Generationen inmitten einer riesigen Anlage, die einst der Stolz der Ukraine war.
  • 24 Jahre nach Tschernobyl: Millionen für die Spätfolgen!
    29. Juli 2010 – Mehr als 24 Jahre nach der bislang größten Reaktorkatastrophe in der zivilen Nutzung von Atomenergie kommt die Bundesregierung noch immer für die damals verursachten Umweltschäden auf. Insgesamt belaufen sich die Entschädigungsleistungen des Bundes in Deutschland seit dem Reaktorunfall auf etwa 238 Millionen Euro. Und gleichzeitig fordert die Atomlobby Laufzeitverlängerung für alte Meiler.

  • Aus Tschernobyl lernen heisst: Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen!
    26. April 2010 – 24 Jahre nach der Reaktorkatstrophe fordern wir: “Aus Tschernobyl lernen heisst: sofortige Stilllegung aller Atomanlagen – weltweit” ! Mit diesem Motto starteten wir am 21. April den Treck aus Gorleben und veranstalteten die Kundgebung in Krümmel. Wegweiser auf unserer Strecke mahnen und warnen künftig vor der weiteren Atomenergie-Nutzung.
Tschernobyl - Tagesschau am 29.04.1986